Anpassung an Wasserknappheit mittels Meerwasserentsalzungsanlagen

Hintergründe

In etwa 71 % der Erdoberfläche sind von Wasser bedeckt. Wie kann es also sein, dass in einigen Regionen der Welt Wasserknappheit zu einem immer größer werdenden Problem heranwächst? Die Ursache dafür ist, dass nur ein kleiner Bruchteil des Wassers der Erde für den Menschen als Trinkwasser verwendet werden kann. Nur 2,5 % des globalen Wasservorkommens sind Süßwasser. Davon sind 68,9 % in Gletschern gebunden, weitere 30,8 % sind Grundwasser. Demnach bleiben nur 0,3 % des Süßwassers als Oberflächenwasser in Flüssen, Bächen und Seen. Entsprechend gering ist der für Menschen nutzbare Anteil an Süßwasser.

Übernutzung von Grundwasserresourcen hat in manchen ariden Regionen dazu geführt, dass selbst mächtige Tiefbrunnen zunehmend versiegen. Hinzu kommt, dass durch den Klimawandel die globalen Niederschlagsregimes verändert werden, sodass es in ariden Regionen tendenziell weniger und unregelmäßiger regnet. Aus diesem Grund haben sich einzelne Firmen der Aufgabe gewidmet, das auf der Erde reichlich vorhandenen Salzwasser in Süßwasser umzuwandeln. Zu den weltweit führenden gehörten die Meerwasserentsaltzungsanlagen Israels, die im Folgenden exemplarisch für die Vorzüge und Nachteile dieser Technologie herangezogen werden. Entsaltzungsanlagen sind aktuell noch für die meisten Nationen des Globalen Südens unerschwinglich, allerdings stellen sie mit zunehmender Marktreife und damit einhergehender Kostensenkung in Zukunft durchaus eine Alternative dar.

De-facto loss of Palestinian Land to Israel 1947 to present (image source: https://ifamericansknew.org/history/)
De-facto loss of Palestinian Land to Israel 1947 to present (image source: https://ifamericansknew.org/history/)

Wasser als kritische Ressource in Palästina und Israel

National Water Carrier of Israel (image source: AdamHej)
National Water Carrier of Israel (image source: AdamHej)

Spätestens seit der Gründung des Staates Israel im Jahre 1948 begannen sich die Menschen des Landes mit der kritischen Frage der Wasserversorgung auseinanderzusetzen. In der brisanten geopolitischen Lage der Nachkriegszeit sah sich Israel gezwungen, bestimmte (u.a. auch militärische) Maßnahmen durchzuführen, um den wachsenden Wasserverbrauch der aus aller Welt zuziehenden jüdischen Siedler*innen zu decken. Ohne Wasser konnte sich der israelitische Staat nicht sicher und erfolgreich entwickeln. Das Recht auf Wasser aller Menschen wurde damals von der israelischen Politik mit dem Zuschauen der Weltpolitik aufs äußerste verletzt, was zur weiteren Verschärfung der sicherheitspolitischen Lage im Nahen Osten führte.

Als erstes Zugeständnis wurde in den folgenden Jahren zunächst der Zugang zu den Oberflächengewässern der Region gesichert. Die Hauptwasserressourcen waren bis Ende des 20. Jahrhunderts der See Genezareth und der Jordan im Osten des Landes. Zur Sicherung des Wassers vom See Genezareth besetzten Israel während des Sechs-Tage-Krieges 1967 die Golan-Höhen auf der syrischen Seite im Osten des Sees, die wichtige Quellen des Sees beherbergen.

Von 1953 bis 1964 wurde in Israel der sogenannte National Water Carrier gebaut - ein 130 km langer Kanal, der das Wasser vom See Genezareth in die stärker besiedelten Regionen des landes transportiert. Vor allem der Westen und Zentrum des Landes, sowie die stark landwirtschaftlich genutzten Regionen im Zentrum und Süden waren stark von der Versorgung durch den Carrier abhängig. Auf diese Weise gelangte das wertvolle Gut zwar in die israelischen Gebiete, in denen es gebraucht wurde, fehlte aber dementsprechend in den bisherigen Abnehmer-Regionen in Syrien, Jordanien und im palästinensischen Westjordanland. Der National Water Carrier deckte damals 80 % des Wasserbedarfs der Landwirtschaft, sowie 20 % des Trinkwasserbedarfs aller israelischen Haushalte. Heutzutage stammt aufgrund der Überausbeutung des Sees und des enorm gestiegenen Verbrauchs nur noch 10 % des gesamten Trinkwassers des Landes aus dem National Water Carrier.

Israeli Wells & Segregation Wall (image source: lifesource.ps)
Israeli Wells & Segregation Wall (image source: lifesource.ps)

Parallel zum existierenden National Water Carrier wurde in den vergangenen Jahrzehnten in Israel eine große Anzahl von Tiefbrunnen gebaut, die v.a. den Mountain Aquifer anzapfen. Dieser liegt zum Großteil im Einzugsgebiet der Gebirgskette des Westjordanlandes nach Westen in Richtung Mittelmeer. Die Tiefbrunnen auf israelischem Gebiet reichen oftmals deutlich tiefer als die Brunnen auf der palästinensischen Seite. Dies trägt zur Anspannung in der Region bei, da die palästinensischen Bauern sprichwörtlich auf dem Trockenen sitzen und oftmals keine tieferen Brunnen genehmigt bekommen.

Das Wasser aus den israelischen Tiefbrunnen wird vor allem für die intensive und auch exportorientierte Landwirtschaft genutzt und die Entnahme ist in den meisten Fällen sehr unnachhaltig. Dementsprechend tragen auch die Konsument*innen auf der ganzen Welt zur Aufrechterhaltung von Ungerechtigkeiten bei.

Parallel zum Anstieg des Lebensstandards stieg auch der Wasserverbrauch in Israel auf heutzutage 240-300 Liter pro Person und Tag (im Vergleich Deutschland 123 Liter, Palästina 73 Liter). Gleichzeitig ist ein enormes Wachstum der Bevölkerung sowie der exportorientierten, intensiven Landwirtschaft zu verzeichnen. Als Folge sind mittlerweile die meisten Grundwasserressourcen in der Küstenregion aufgebraucht. Dies führt bereits zur Meerwasserintrusion und somit Versalzung des Grundwasserkörpers, sodass heute weniger als 10 % des Grundwassers überhaupt noch genießbar sind.

 

Zukünftig wird im Zuge des menschgemachten Klimawandels die natürliche Wasserverfügbarkeit in der Region weiter sinken. Aus diesem Grund hat sich Israel in den letzten Jahrzehnten intensiv der potenziell unendlichen Ressource Meerwasser zugewendet und begonnen, mit Entsalzungsanlagen Süßwasser zu gewinnen. Die konventionellen Wasserressourcen (See Genezareth, Jordan, Grundwasser) weichen aufgrund ihrer überhöhten und unnachhaltigen Ausbeutung unkonventionellen Wasserressourcen, sodass Israel heute ca. 70 % seines Trinkwassers aus Meerwasserentsalzungsanlagen bezieht. Die untenstehende Karte verdeutlicht, dass Meerwasserentsalzungsanlagen global gesehen vor allem in ariden Gebieten in Küstennähe an Bedeutung gewinnen.

Meerwasserentsalzungsanlagen

Global distribution of operational desalination facilities and capacities (N1000 m 3 /day) by sector user of produced water (image source: Vladimir Smakhtin)
Global distribution of operational desalination facilities and capacities (N1000 m 3 /day) by sector user of produced water (image source: Vladimir Smakhtin)

Es gibt unterschiedliche Typen von Meerwasserentsalzungsanlagen, die verschiedene Wirkungsgrade innehalten. Zu den thermischen Verfahren, die heute als veraltete Technologien gelten, zählen Multi-Effect-Destillation und Multi-Stage-Flash. Umkehrosmose, Nanofiltration und Electrodialyse machen die moderneren membranbasierten Verfahren aus. Weltweit gibt es heute etwa 16.000 Entsalzungsanlagen, von denen 70 % mit dem energiefreundlicheren, membranbasierten Verfahren arbeiten, welche rund 3,5 kWh pro Kubikmeter verbrauchen. Bis zur Jahrtausendwende liefen die meisten Entsalzungsanlagen allerdings über thermischen Verfahren, die bei der Gewinnung von Süßwasser mittels Multi-Effect-Destillation 40 kWh/Kubikmeter, bzw. bei der Multi-Stage-Flash rund 80 kWH/Kubikmeter verbrauchen.

 

Die thermischen Verfahren wurden insbesondere in den arabischen Golfstaaten massenweise eingesetzt, da dort aufgrund der Ölvorkommen die Energie quasi umsonst vorhanden ist und dementsprechend der Wirkungsgrad irrelevant erscheint. Man könnte jedoch die membranbasierten Verfahren auch aus energetischer Perspektive umweltfreundlich gestalten, indem sie mit Solar-Strom betreibt. Dies hat einzig den Nachteil, dass nur während des Tages Trinkwasser produziert werden kann.

An overhead view of Israel’s Sorek Desalination Plant, the largest of its kind in the world (Photo courtesy of IDE Technologies)
An overhead view of Israel’s Sorek Desalination Plant, the largest of its kind in the world (Photo courtesy of IDE Technologies)

Bei der Entsalzung von Wasser entstehen aber auch umweltschädliche Nebenprodukte. Umweltrelevant ist hier das sogenannte Brine Water (Abfallwasser) - das im Verfahren übrig bleibende Meerwasser. Dieses ist enorm salzhaltig und wird dem Meer zurückgeführt. Insbesondere in kleineren Meeren wie dem Roten Meer sorgt dies für einen deutlichen Anstieg des Salzgehaltes um bis zu 35 g/l. Bei den thermischen Verfahren kommt hinzu, dass das Restwasser um 5-10 Grad wärmerist als das Meerwasser und zusätzlich mit Schwermetallen oder Chemikalien verunreinigt sein kann. Nicht zuletzt wird die Landschaft von den riesigen Meerwasserentsalzungsanlagen beeinträchtigt, denn andere Nutzungsformen der jeweiligen Standorte sind ausgeschlossen.

Kritische Würdigung

In der Konfliktregion Israel-Palästina zeigt sich, wie die hauptsächlich durch das Bevölkerungswachstum, den zunehmenden überproportionalen Pro-Kopf-Wasserverbrauch der Israelis und die exportorientierten Landwirtschaft  eine nie dagewesene Umverteilung und Ausbeutung der konventionellen Wasserressourcen stattgefunden hat. Die urspünglich vorhandenen Wasserressourcen sind deshalb heute kaum noch vorhanden bzw. nutzbar. Daraus ergab sich die dringende Notwendigkeit für den technologisch fortschrittlichen Staat Israel, das Konzept der Meerwasserentsalzungsanlagen voranzutreiben. Meerwasserentsalzungsanlagen besitzen ein großes Potenzial zur Sicherung der Trinkwasserversorgung, da sie in besonders ariden Gebieten den Zugang zur lebenswichtigen Ressource Wasser ermöglichen. Dieser Zugang sollte dann aber allen Menschen in einer Region gewährleistet werden und nicht nur denen, die das nötige Know-how und finanzielle Möglichkeiten haben. Nur so kann das friedliche Miteinander von verschiedenen Kulturen und Religionen auf engstem Raum gewährleistet werden.