Hungersnöte und Dürreperioden in Äthiopien

With water resources depleted, Ethiopia faced a severe drought in 2017 (image source: ezega.com)
With water resources depleted, Ethiopia faced a severe drought in 2017 (image source: ezega.com)

Im Juni 2017 waren weltweit 17,1 Millionen Menschen als Folge von Dürreperioden und Hungersnöten auf humanitäre Hilfe angewiesen. Es litten 3,2 Millionen Menschen unter akuter Lebensmittelknappheit, 2,1 Millionen Menschen mussten ihre Heimat verlassen. Es handelt sich um eine direkte Korrelation zwischen Dürreperioden und Hungersnöten, da die landwirtschaftlichen Erträge durch die höheren Temperaturen geringer ausfallen. Verschiedene Anpassungsstrategien nehmen unterschiedliche Positionen zu den Ursachen von Hungersnöten und der Rolle von Dürreperioden ein. Im Folgenden werden die Strategien der deutschen Entwicklungszusammenarbeit (EZ) und der politischen Ökologie am Beispiel von Äthiopien vorgestellt.

 

Die deutsche Entwicklungszusammenarbeit sieht Dürreperioden als Ursache von Hungersnöten, welche durch Bodendegradation, krankheitsanfälliges Saatgut, mangelnde Produktivität oder schnelles Bevölkerungswachstum verstärkt werden. Technische Innovationen, wie gute landwirtschaftliche Praktiken, Mechanisierung und Weiterbildungsmaßnahmen, werden als zentrale Anpassungsstrategie an Dürrperioden angewandt. Somit soll die Vulnerabilität gegenüber Hungersnöten verringert werden. Grüne Innovationszentren in Äthiopien haben sich zum Ziel gesetzt, für lokale Bevölkerungsgruppen landwirtschaftliche Erträge zu steigern, Einkommen zu erhöhen, Arbeitsplätze zu schaffen und somit die Grundversorgung an Nahrungsmitteln zu verbessern. Die politische Ökologie sieht mangelnde Landnutzungs- und Verfügungsrechte der lokalen Bevölkerung und die daraus resultierende globale Abhängigkeit vom Weltmarkt als Ursache für Hungersnöte an. Dürreperioden werden dabei nicht als Ursache, sondern als Trigger verstanden. Anpassungsstrategien sollten nach der politischen Ökologie vor allem durch Stärkung von Verfügungsrechten und verminderten Abhängigkeiten verwirklicht werden.

 

Die politische Ökologie kritisiert die deutschen EZ-Strategien aus mehreren Gründen: Zum einen würden die Strukturen der historischen Enteignung während der Kolonialzeit noch heute fortgeführt. Durch den Umstieg von Nahrungsmitteln auf Cash Crops (Produkte wie Kaffee, welche nicht für die Selbstversorgung angebaut werden) erhöhe sich die Vulnerabilität bezüglich Dürrperioden und günstige Nahrungsmittelimporte aus der europäischen Union schwächen den lokalen Markt schwächen. Ein weiterer Kritikpunkt ist die Praktik des Land Grabbing, welche der lokalen Bevölkerung ihre Lebensgrundlage raubt. Insgesamt werden in der EZ durch skalenübergreifende Prozesse Verfügungsrechte auf lokaler Ebene genommen und es entsteht ein Ungleichgewicht von Machtverhältnissen - insbesondere des globalen Nordens gegenüber dem globalen Süden. Im Zuge dessen stellt sich die Frage, ob lokale Adaptionsmaßnahmen (wie beispielsweise Strategien der deutschen Entwicklungszusammenarbeit) ohne Änderungen globaler Machtbeziehung (wie es die politische Ökologie fordert) nachhaltig sein können. Auf der einen Seite ist ein Rückgang der Todesopfer aufgrund von Lebensmittelknappheit nach Dürrperioden zu verzeichnen (vgl. Hungersnot in Äthiopien 1984-85 und 2017). Es gibt zahlreiche Positivbeispiele von Adaptionsmaßnahmen, die von der deutschen EZ umgesetzt worden und bei denen sich das Konzept der technischen Innovation als effektivste Anpassungsstrategie erweist. Auf der anderen Seite kann argumentiert werden, dass durch solche direkten Maßnahmen eine zusätzliche Abhängigkeit an den finanzstarken Institutionen geschaffen wird und somit langfristige Konsequenzen die kurzfristigen Erfolge aufwiegen. Auf praktischer Ebene stellen hybride Maßnahmen oder eine Kombination beider Konzepte neue Handlungswege dar.

 

May Bohmann