Anpassung an Landsenkungsprozesse und den steigenden Meeresspiegel in Bangkok

Die Stadt Bangkok ist mit rund 12,5 Millionen Einwohnern die mit Abstand größte Stadt Thailands und liegt direkt am Golf von Thailand. Nicht zuletzt wegen der durchschnittlichen Höhe von lediglich 5 Metern über dem Meeresspiegel werden auch in Bangkok die zunehmenden Auswirkungen des Klimawandels spürbar. Insbesondere der Anstieg des Meeresspiegels, eine Zunahme der Niederschlagsmenge, stärkere Extremereignisse, als auch Landsenkungsprozesse stellen die Metropole vor große Herausforderungen.

Die Entstehung von Landsenkungsprozessen hängt zunächst von der Zusammensetzung des jeweiligen Untergrundes ab. So sind Siedlungen, welche auf Sedimenten anstatt auf festem Gestein errichtet sind, deutlich gefährdeter. Weitere entscheidende Faktoren sind dabei der Bevölkerungsdruck und das damit verbundene Gewicht von oberirdischen Strukturen und Bauwerken, als auch der Wasserverbrauch und die daraus resultierende Entnahme von Grundwasser. 

Im Fall von Bangkok, welches aufgrund der Lage zwischen drei Flüssen auf einer Schicht von fluvialen Sedimenten liegt, spielt insbesondere die extreme Wasserentnahme durch die ansässige Industrie eine zentrale Rolle. Der dadurch sinkende Grundwasserspiegel führt dabei zu einem stetigen Absinken des Untergrunds. Aber auch die Hohe Bevölkerungsdichte und das Wachstum der Stadt resultieren in einer hohen Gewichtsbelastung des Untergrundes und tragen damit ebenfalls zu den Senkungsprozessen bei. Seit 1970 lässt sich dadurch ein Absinken der Stadt von teilweise bis zu einem Meter verzeichnen. Bis zum Jahr 2050 werden allein zusätzliche 3,35%  des Stadtgebietes akut von Überschwemmungen durch Landsenkungsprozesse gefährdet sein.

Zudem wird der durch den Klimawandel verursachte Anstieg des Meeresspiegels und die zunehmende Niederschlagsmenge dazu führen, dass zusätzlich bis zu 33,35% der Stadtfläche von regelmäßigen Überflutungen betroffen sein wird. Diese alarmierenden Zahlen unterstreichen eindrücklich den dringenden Handlungsbedarf in der gesamten Metropolregion Bangkok und werfen die Frage auf, ob typische Adaptionsmaßnahmen hier noch greifen können, oder ob langfristig die gesamte Stadt dem Wasser weichen muss. 

Adaptionsmaßnahmen in Bangkok

Bislang wird mit einigen Adaptionsmaßnahmen versucht, die Hochwassergefahr durch die Landsenkungsprozesse nicht weiter ansteigen zu lassen. In diesem Rahmen wurden die Wasserverbräuche der jeweiligen Unternehmen analysiert und in Folge dessen die stadtzentrumsnahen Industrieunternehmen mit hohem Wasserbedarf in die Außenbezirke verlagert. Dies sorgt für eine abnehmende Gewichtsbelastung und eine verminderte Grundwasserentnahme im Stadtkern. Da die Außenbezirke jedoch ebenfalls durch die Landsenkungsprozesse bedroht sind, verschärft sich in diesen die Situation, sodass man hier lediglich von einer Verlagerung der Problematik sprechen kann. 

Der Gefahr des steigenden Meeresspiegels versucht man mit diversen Küstenschutzmaßnahmen zu begegnen. Hierfür werden die natürlich vorkommenden Mangrovenwälder der Region besser geschützt und wieder aufgeforstet, denn Mangrovenwälder bieten natürlichen Erosionsschutz. Aufgrund der hohen Bevölkerungsdichte der Region, sowie anthropogen verursachten Veränderungen des marinen Lebensraumes und Küstenbiotops, stehen Mangrovenwälder unter einem hohen Stress. Vor allem der Anstieg des Meeresspiegels, erhöhte Sturmgefahr und Wucht der Wellen, sowie veränderte Landnutzungsmuster, also beispielsweise die Anlage von Garnelenzuchten, beeinflussen die Küstenwälder. Eine Wiederaufforstung von Mangrovenwäldern kann sich langfristig auszahlen, da es bei verschiedenen Projekten bereits dazu geführt hat, die Erosion zu verlangsamen und es die Biodiversität zu steigern. Jedoch ist eine Wiederaufforstung langwierig und mit vielen zu beachtenden Faktoren verbunden. Es gibt des Weiteren noch andere Projekte, zum Beispiel die Errichtung sogenannter „T-groins“, welche als T-förmige Barrikade vor der Küste platziert werden, wodurch die Brandung an der Küste selbst abgemildert und damit die Küstenerosion reduziert werden soll. Ebenfalls soll dadurch erreicht werden, dass mehr Sand und andere Sedimente an der Küste bleiben. Erwähnenswert sind hierbei auch Bambusbarrieren, welche als „Bottom-up“ Maßnahme, also durch die Bevölkerung selbst, errichtet werden und ebenfalls einen wichtigen Beitrag zum Küstenschutz leisten. Der Gebrauch von nachwachsenden und lokalen Rohstoffen bietet mehrere Vorteile. Zum einen sind Bauten dieser Art deutlich billiger, aufgrund des Verzichtes von Beton und anderen Baustoffen fallen viele Produktionskosten, sowie Transportwege weg. Der Gebrauch lokaler Baustoffe, hat jedoch nicht nur ökonomische und ökologische Vorteile, sondern auch soziale Effekte. Das Wissen der lokalen Bevölkerung um traditionelle Baustoffe und den Umgang mit diesen kann sich positiv auf den Küstenschutz auswirken. Ebenfalls wird durch die Integration der ansässigen Bevölkerung die Akzeptanz dieser Maßnahmen erhöht.

Als weitere Maßnahme, um die Hochwassergefährdung durch die umliegenden Flüsse zu mindern, wurde nördlich von Bangkok ein großer Staudamm im Oberlauf des Flusses „Chao Praya“ errichtet, welcher direkt durch die Stadt hindurch fließt. Dadurch soll bei starken Niederschlägen das Wasser temporär zurückgehalten und dann kontrolliert abgelassen werden, sodass der Fluss die Innenstadt nicht überflutet. Problematisch an diesem Bauwerk ist jedoch, dass Staudämme das in den Fließgewässern mitgeführte Sediment auffangen, und somit im Unterlauf des Flusses nur noch wenige Sedimente mitgeführt werden. Dieser fehlende Sedimenteintrag führt zu einer weiteren Schwächung des Bodens um Bangkok, sodass die Landsenkungsprozesse dadurch noch weiter begünstigt werden. 

Auch versucht man mit Poldern und Dämmen in der Stadt selbst die Vulnerabilität für Hochwasser zu mindern, diese Maßnahmen konzentrieren sich bislang allerdings hauptsächlich auf den westlichen Teil der Stadt und erweisen sich oft als zu gering dimensioniert. Hinzu kommt, dass sich aufgrund der Landsenkungsprozesse die Dammhöhe immer weiter verringert. Die meisten dieser Schutzbauten müssten also ständig erweitert und erhöht werden um wirksam Schutz leisten zu können. 

Ursprünglich geplante Überflutungsflächen im Oberlauf des Flusses Chao Praya (nördl. von Bangkok) zur frühen Reduktion der Abflussspitzen (nur teilweise umgesetzt) (Quelle: https://onlinelibrary.wiley.com/doi/full/10.1111/jfr3.12543).
Ursprünglich geplante Überflutungsflächen im Oberlauf des Flusses Chao Praya (nördl. von Bangkok) zur frühen Reduktion der Abflussspitzen (nur teilweise umgesetzt) (Quelle: https://onlinelibrary.wiley.com/doi/full/10.1111/jfr3.12543).

Ein Projekt, welches geplant war, aber nicht umgesetzt werden konnte, war ein Umleitungskanal, welcher einen Teil des Wassers bei Starkregen nördlich der Stadt in Richtung der Küste abfließen lassen sollte. Aufgrund von extrem hohen Kosten und Landbesitzproblemen wurde dieses Projekt jedoch nie realisiert. Zu großen Teilen konnte jedoch das sogenannte „Mokey Cheek Projekt“ umgesetzt werden. Dieses beinhaltet die Errichtung von Poldern und Rückhaltebecken im Oberlauf des „Chao Praya“, sodass die Wassermassen bereits weit nördlich von Bangkok auf natürliche Art zurückgehalten werden und damit die Abflussspitzen vermindert werden können. Doch auch bei diesem Projekt gab es einige Komplikationen mit der Bevölkerung, welche teilweise von der thailändischen Regierung enteignet wurde, um die Retentionsräume bauen zu können. Der dadurch entstandene Protest der Bürger hatte zur Folge, dass auch diese Maßnahmen nicht vollständig realisiert werden konnten. Jedoch lies sich mit einigen der betroffenen Menschen ein Kompromiss finden, denn viele der ansässigen Bauern können ihre Felder in der Trockenzeit bewirtschaften und nur bei akuten Hochwassern werden diese als Rückhaltebecken genutzt. 

Ein weiteres, realisiertes Projekt ist der Campus der Chulalongkorn Universität, welcher zentral in der Stadt als multifunktionaler Park errichtet wurde. Neben seiner Funktion als städtische Grünfläche und dem damit verbundenen Freizeitwert für die Bevölkerung Bangkoks, dient er als großes Rückhaltebecken bei Überflutungen und kann etwa 3,8 Millionen Liter Wasser speichern. Er wurde so angelegt, dass er durch einige begrünte Ausläufer das Wasser aus mehreren Stadtteilen aufnehmen können. Die dadurch entstandenen, grünen Straßen durch die Stadt haben zusätzlich einen positiven Effekt auf das Mikroklima Bangkoks. Bei der Einspeisung des Wassers wird dieses durch die Bodenschichten des Parks gefiltert und erreicht so eine hohe Qualität, sodass das Wasser weiter verwendet werden kann und damit den Grundwasserverbrauch der Stadt reduziert, was sich wiederum positiv auf die Landsenkungsproblematik auswirkt. Zudem beinhaltet er ein Amphitheater und es gibt ein „Outdoor-Klassenzimmer“, was so einerseits zur Sensibilisierung der Bevölkerung für die Hochwasserproblematik führt und andererseits die Akzeptanz des Parks in der Nachbarschaft erhöht, da die Bevölkerung einen direkten Mehrwert durch den Park hat. 

Fazit

Bei der Betrachtung der Flächen, welche in Bangkok künftig regelmäßig von Überflutungen betroffen sein werden, ist die Frage nach der Sinnhaftigkeit solcher Adaptionsmaßnahmen durchaus berechtigt. Auch wenn die Vielzahl an einzelnen Maßnahmen positive Effekte zeigt, reicht die Wirkung bei Weitem nicht aus, um Bangkok langfristig vor den Folgen des Klimawandels zu schützen. Insbesondere die niedrige Lage über dem Meeresspiegel und die vielen Flusshochwässer werden weite Teile Bangkoks in Zukunft vermutlich unbewohnbar machen und eine Umsiedlung der betroffenen Bevölkerung wird wohl die letzte, mögliche Adaptionsmaßnahme sein. Dennoch sind gerade Projekte wie der Chulalongkorn-Park ein ernst zu nehmender Versuch, die Heimat der betroffenen Menschen so lange wie möglich zu schützen und zu erhalten. Auch wenn diese Maßnahmen möglicherweise nicht ausreichen und große Mengen an Geld kosten, haben diese dennoch eine starke Symbolkraft. Sie vermitteln der ansässigen Bevölkerung, dass sie von Seiten der Regierung nicht als aufgegeben betrachtet werden und können auch für andere Städte, die von Hochwasserereignissen bedroht sind, als Vorzeigebeispiel des Umgangs mit derart schwierigen Problemen dienen.  

Chulalongkorn University Centennial Park – Rückhaltebecken für Hochwasserereignisse, Kultur- & Grünfläche, begrünte Ausläufer können Wasser v. Stadtbezirken aufnehmen (Q: https://www.asla.org/2019awards/620062-Chulalongkorn_University_Centenary_Park.html)
Chulalongkorn University Centennial Park – Rückhaltebecken für Hochwasserereignisse, Kultur- & Grünfläche, begrünte Ausläufer können Wasser v. Stadtbezirken aufnehmen (Q: https://www.asla.org/2019awards/620062-Chulalongkorn_University_Centenary_Park.html)

Hier (Link) findet ihr einen Artikel von Patrick D'Arcy zum Chulalongkorn University Centennial Park. In dem Artikel wird noch deutlich mehr in die Tiefe gegangen, was den Park betrifft.

Luftbild desChulalongkorn University Centennial Park bei Nacht (Quelle: https://ideas.ted.com/when-bangkok-floods-and-it-floods-a-lot-this-park-does-something-amazing/)
Luftbild desChulalongkorn University Centennial Park bei Nacht (Quelle: https://ideas.ted.com/when-bangkok-floods-and-it-floods-a-lot-this-park-does-something-amazing/)