Klimawandelanpassungen der Landwirtschaft im Hochland der Anden

Landwirtschaft in den Hochlagen der Anden

Landwirtschaft in den Anden (Quelle: diercke.westermann.de)
Landwirtschaft in den Anden (Quelle: diercke.westermann.de)

Im Hochland der Anden wird traditionellerweise auch in mehreren Tausend Metern Höhe noch Landwirtschaft betrieben. Zwischen 2000 und 4000 m über dem Meeresspiegel wird in kleinbäuerlichen Strukturen hauptsächlich Subsistenzlandwirtschaft betrieben, bei der vor allem der Ackerbau mit Getreidesorten und zahlreichen Kartoffelarten dominiert. Ab circa 4000 Höhenmetern findet man vor allem noch Viehhaltung von Rindern, aber auch Lamas und Alpakas. In den Anden wird hauptsächlich Regenfeldbau betrieben, welcher von den niederschlagsreichen Monaten zwischen Oktober bis März/April abhängt. In den Trockenzeiten dient das Schmelzwasser der Gletscher als Puffer, um die regenarme Saison zu überbrücken.

Veränderungen durch den Klimawandel

Doch auch die tropischen Gletscher in den Hochlagen Perus und Boliviens bleiben vom Klimawandel nicht unbeeinflusst: allein seit 1970 zeichnet sich in einigen Regionen ein Gletscherrückgang von 30-50 % ab. Durch die verfrühte Schmelze fehlt der wertvolle Wasserpuffer und bewirkt in der Trockensaison einen Wassermangel in der Landwirtschaft. 

 

Außerdem ist im Zuge des menschgemachten Klimawandels ein immer späteres Einsetzen der Niederschlagsperiode zu beobachten. Dies führt unter anderem zu einer verkürzten Vegetationsperiode, da die Bauern die Bepflanzung der Felder mit dem Einsetzen des Regens abstimmen. Die Landwirt*innen der Anden verlassen sich  noch stark auf traditionelle Himmelsbeobachtungen. Klarer Nachthimmel dient dabei als Indikator für nahenden Regen, während ein trüber Nachthimmel beispielsweise ein El-Nino-Jahr ankündigt, welches verspäteten Regen bedeutet und daher eine Anpflanzung angepasster Arten erfordert. Durch die immer stärker werdenen Veränderungen und Unberechenbarkeiten des Klimas ist diese Voraussage mithilfe traditioneller Indikatoren zunehmend nicht mehr akkurat genug. Dies hat häufig zur Folge, dass Bauern und Bäuerinnen auf bestimmte Wettersituationen nicht mehr vorbereitet sind.

 

Generell zeichnet sich auch eine Verlagerung der Anbauflächen in höhere Lagen ab, da sich die Temperaturbedingungen im Zuge der Erwärmung nach oben hin verschieben. So ergibt sich auch ein Wandel der Anbausorten, denn die Anpflanzung heimischer Arten bringt immer weniger Ertrag. Es werden neue Sorten angebaut, unter denen auch viele Cash Crops (also gewinnbringende Arten für den globalen Export) zu finden sind, beispielweise Quinoa oder Zwiebeln.

Anpassungen an den Klimawandel in der Hochlagen-Landwirtschaft

Aktuell sind bereits einige Strategien zu identifizieren, die in den Anden genutzt werden, um sich an die durch den Klimawandel veränderten Bedingungen anzupassen. Dabei lässt sich generell zwischen traditionellen und modernen Strategien unterscheiden, wobei erstere oftmals im Zuge der spanischen Kolonisierung verboten wurden und daher in Vergessenheit geraten waren, bevor sie heute wieder aktiv etabliert und genutzt werden. 

Terrassensysteme im Urubamba Tal in Peru (Quelle: hotelsamblena.com)
Terrassensysteme im Urubamba Tal in Peru (Quelle: hotelsamblena.com)

Traditionelle Strategien

Die hier genannten Strategien beruhen auf lokalem Wissen, was aus jahrhundertealten Beobachtungen, Erfahrungen und Experimenten hervorging und daher oftmals die am Besten an das lokale Klima angepasste Anbauweisen beschreiben. Allerdings bleibt die Frage offen, ob diese Strategien noch ausreichen werden, wenn sich das Klima weiterhin so rasant verändert.

 

Eine traditionelle Anbauweise ist der Ackerbau auf Terrassensystemen, welche teilweise durch Bewässerungskanäle versorgt werden. Diese sind im Moment die Hauptanpassungsstrategie in der Landwirtschaft und werden immer mehr umgesetzt, während der Ursprung diese Anbauweise eigentlich bereits auf die Inca zurückgeht. Die großflächige Terrassierung macht die sehr steilen Hanglagen der Anden oftmals erst ackerbaulich nutzbar. Zusätzlich begünstigt die Terrassenform darüber hinaus auch das Mikroklima durch verbesserte Nutzung der solaren Einstrahlung, was wachstumsfördernd auf die angebauten Pflanzen wirkt. Das System basiert auf Terrassen mit leicht unterschiedlichen Neigungen, die an der hangwärts gelegenen Seite durch eine Steinmauer stabilisiert werden. Dadurch ergeben sich zum einen unterschiedliche Wasserverteilungspunkte, sodass Regenwasser besser auf allen Terrassen verteilt und gespeichert werden kann. Des Weiteren schützt die Steinmauer aber auch vor Erosion des fruchtbaren Bodens und bietet gleichzeitig einen Frostschutz, da die Steine sich tagsüber erwärmen und die gespeicherte Wärme nachts an die Äcker abgeben können. Ein Nachteil ist jedoch, dass der erstmalige Bau solcher Terrassen sehr aufwändig ist und ohne geeignete Maschinen viel Arbeitskraft benötigt. 

Kartoffelanbau in Waru Warus (Quelle: pinterest.de)
Kartoffelanbau in Waru Warus (Quelle: pinterest.de)

Eine weitere traditionelle Anpassungsstrategie sind die „Waru Warus“, also erhöhte Felder bzw. eine Art Hochbeet, die durch das Ausgraben von Kanälen entstehen. Die erhöhten Plattformen werden dann bepflanzt und durch die ausgehobenen Kanäle, die zwischen den Beeten durchfließen, bewässert. Diese Form des Anbaus ist allerdings nur in Feucht- und Sumpfgebieten sinnvoll. Diese Anbauweise hat einige Vorteile zu bieten, wie beispielweise die gute Wasserspeicherung, aber gleichzeitig auch die Option der Entwässerung durch die Kanäle bei wassergesättigtem Boden oder Überschwemmungen. Ferner bieten die Waru Warus auch einen gewissen Frostschutz, da das Wasser die tagsüber gespeicherte Wärme nachts an die umliegenden Felder abgibt, ähnlich wie die Steinmauern in den oben genannten Terrassensystemen. Außerdem bieten der Schlamm und weiteres ausgehobenes Material aus den Kanalschächten einen guten biologischen Dünger, der auf den Feldern verteilt wird. In den Kanälen ist zusätzlich eine Fischzucht möglich. Als Nachteil ist allerdings zu nennen, dass die Waru Warus jährliche Instandhaltung benötigen, außerdem ist alle 3 Jahre ein fast vollständigen Neuaufbau der Beete erforderlich. Damit sind sie eine sehr arbeitsaufwendige Anbaumethode. Das Anlegen von Waru Warus wird bereits von einigen NGOs gefördert und das System erfreut sich zunehmender Beliebtheit bei der lokalen Bevölkerung.

Moderne Strategien

Moderne bzw. technologische Anpassungsstrategien stehen den genannten traditionellen Strategien gegenüber und werden oftmals extern von NGOs oder anderen internationalen Hilfsorganisationen etabliert. Eine dieser Strategien ist das Anlegen großer Wasserreservoirs, welche als Puffer durch die Trockenzeit zur Bewässerung genutzt werden können und somit die Wasserversorgung während Trocken- oder Dürreperioden sichern. Allerdings bergen die Reservoirs einige Nachteile, beispielsweise der teilweise mit Zwangsumsiedlungen einhergehende Landverlust, oder die hohen Transpirationsraten der offenen Wasserflächen. Die mit den Reservoirs verbundenen enormen Kosten und die benötigten Kontrollen, Wartungen und Instandhaltungen können von den Anden-Bewohnern meistens nicht geleistet werden und schaffen daher eine gewisse Abhängigkeit von internationalen Organisationen und Helfer*innen.

Eine zweite moderne Anpassungsstrategie bilden Gewächshäuser, welche durch Frostschutz den früheren Anbau von bekannten Arten, sowie den Anbau von neuen, kälteempfindlicheren Arten ermöglichen sollen. In ihnen können oftmals auch Gemüsesorten für den Verkauf und den Export angebaut werden und somit bilden die Gewächshäusr eine Einkommensquelle mit wirtschaftlicher Sicherheit. Zu beachten ist allerdings, dass für den Bau der Gewächshäuser und den Anbau der neuen Sorten meist Schulungen notwendig sind. Es zeigt sich bereits, dass Einheimische diese Strategie annehmen und NGOs in Zusammenarbeit mit lokalen Landwirt*innen das Know-How zu Gewächshäusern verbreiten. So vermehrt sich die Akzeptanz und Verbreitung dieser Anbaustrategie, wie folgendes Video demonstriert:

Kritische Diskussion

In der anschließenden Diskussion im Rahmen des Seminars wurden einige Kritikpunkte an den einzelnen Strategien erarbeitet. Generell lautete das Fazit jedoch, dass eine Diversifizierung auf mehrere Strategien wohl die sicherste Lösung sei, um sich nicht zu stark von einer Methode abhängig zu machen.

 

Außerdem wurde Agri-Tourismus als weiteres wirtschaftliches Standbein für die Bauern und Bäuerinnen der Anden diskutiert. Trotz der wirtschaftlichen Vorteile für die Lokalbevölkerung wurden im Kurs einige ökologische und soziale Bedenken gegenüber dem Konzept genannt. Als Fazit hierfür lässt sich sagen, dass der Agri-Tourismus nicht für jede Familie oder jeden landwirtschaftliche Betrieb geeignet ist. Das Interesse daran und die Motivation, ein solches Programm anzubieten, sollte intrinsisch sein und nicht von außen als Entwicklungshilfemaßnahme aufgezwängt werden.

 

Bei weiterem Interesse an Vertiefung des Themas wird folgende Literatur empfohlen: 

Valdivia, C., & Barbieri, C. (2014). Agritourism as a sustainable adaptation strategy to climate change in the Andean Altiplano. Tourism Management Perspectives, 11, 18-25.

 

Lisa Glockner