Reisanbau auf den Philippinen – Die Ifugao-Reisterrassen als Beispiel für eine nachhaltige Anpassung

Blick auf die Reisterrassen der Ifugao bei Banaue (Quelle: https://www.riceterracesbanaue.com/wp-content/uploads/2016/09/banaue-rice-terraces-in-the-philippines.jpg, 02.02.2020)
Blick auf die Reisterrassen der Ifugao bei Banaue (Quelle: https://www.riceterracesbanaue.com/wp-content/uploads/2016/09/banaue-rice-terraces-in-the-philippines.jpg, 02.02.2020)

Reisanbau auf den Philippinen – Die Ifugao-Reisterrassen

Die Ifguao-Reisterrassen liegen in Südostasien auf den Philippinen, im Norden von Luzon, auf 800-1500m Höhe und sind schwer zu erreichen. Die lokale Bevölkerung besteht aus etwa 160 000 Menschen, die in Subsistenzwirtschaft davon leben. Ihre Haupteinnahmequellen sind neben der Reisproduktion auch Holzschnitzerei und Weberei. Auch der Tourismus spielt eine immer größere Rolle, vor allem seit die Reisterrassen 1995 als UNESCO World Heritage Site klassifiziert wurden.

 

Seit mehr als 2000 Jahren werden die Terrassen kultiviert, die traditionellen Praktiken werden von Generation zu Generation weitergegeben und somit landwirtschaftliches Wissen akkumuliert. Der Reis stellt in Ifugao ein Symbol für Kultur und Identität dar und dient darüber hinaus als Hauptnahrungsmittel für die Bevölkerung und Exportgut. Die Bevölkerung selbst beschreibt die Reisterrassen auch als „Stairway to heaven“ was die enge Verbundenheit zu Natur und Landschaft ausdrückt, das Ende der Reisernte ist kulturell bedeutsam und wird mit einem Fest zelebriert. Die Terrassen sind menschengemacht und stellen ein Beispiel für ein nachhaltiges und anpassungsfähiges System dar. Dieses System besteht aus den Reisterrassen (Payoh), den oberhalb am Hang wachsenden, natürlichen Wälder (Muyong), dem Siedlungsgebiet (Boble) und einem Fluss-und Bewässerungssystem. Die Muyong-Wälder stehen in Symbiose mit den Reisterrassen. Sie nehmen den Niederschlag auf, infiltrieren das Wasser und ermöglichen somit eine effektive Nährstoffaufnahme für die Reisterrassen. Traditionell wird die Reissorte Tinawon angebaut, die nur einmal im Jahr geerntet wird. In der Trockenzeit, in der kein Reisanbau stattfindet, werden die Terrassen für Gemüseanbau und Zucht von Fischen und Muscheln verwendet.

 

Die Reisterrassen stehen vor wachsenden, zuvor nie dagewesenen Herausforderungen: Dem Klimawandel, zunehmende Urbanisierung und Globalisierung.

Bäuerin beim Pflanzen von Reissetzlingen in der Nähe von Banaue in der Region Ifugao (Quelle: https://cdn.britannica.com/s:700x500/96/150496-050-5AFD623C/farmer-Ifugao-rice-terraces-Banaue-Philippines-Luzon.jpg, 02.02.2020)
Bäuerin beim Pflanzen von Reissetzlingen in der Nähe von Banaue in der Region Ifugao (Quelle: https://cdn.britannica.com/s:700x500/96/150496-050-5AFD623C/farmer-Ifugao-rice-terraces-Banaue-Philippines-Luzon.jpg, 02.02.2020)

Klimatische Veränderungen

Diverse Klimawandelauswirkungen können zu 30% Verlust in der Reisproduktion führen. Seit 1960 sind die Niederschlagssummen an extremen Regentagen und Temperaturen in Südostasien bereits gestiegen. Weitere Folgen sind unter anderem auch stärkere Extremwetterereignisse, wie der Taifun Mangkhut der 2018 auf Südostasien traf. Die Philippinen stehen auf der Liste von GermanWatch und sind im weltweiten Vergleich bei dem Klima-Risiko-Index auf Platz 2. Besonders von den Veränderungen betroffen ist der Primärsektor, welcher in südostasiatischen Ländern von großer Bedeutung ist, in den Philippinen kommen 10% des BIP aus dem primären Sektor. Dort machen sich besonders längere Trockenperioden, die Verschiebung der Erntezeit, eine reduzierte Flussabflussmenge und die hohe Exposition gegenüber Wirbelstürmen und Extremniederschlägen bemerkbar. Darüber hinaus führen die klimatischen Änderungen auch zu einem verstärkten Schädlingsbefall der Pflanzen. Zusammen mit dem menschlichen Eingreifen durch Entwaldung beziehungsweise Rodung kommt es auch vermehrt zu Hangrutschungen und Bodenerosion. 

 

Die zunehmende Urbanisierung macht sich vor allem bei der jüngeren Generation der Bevölkerung bemerkbar, Wertvorstellungen ändern sich und die Abwanderungsquote nimmt zu. 

Anpassungspotenzial der Ifugao-Landwirt*innen

1995 wurden die Muyong-Wälder privatisiert und ihr Erhalt wird nun im Rahmen eines community-based-forest-management geregelt. Das bedeutet, dass die lokale Bevölkerung über die Wälder entscheidet und nicht die Regierung. Um mit dem Schädlingsbefall und den klimatischen Änderungen umzugehen, setzen die Landwirte vermehrt Dünger und Pestizide ein und passen sich mit dem Verschieben der Erntezeit an veränderte Regen- und Trockenzeiten an. Um den Ertrag zu steigern werden teilweise Reissorten angebaut, die zweimal pro Jahr geerntet werden oder auch andere Feldfrüchte. Infolge der verringerten Wasserverfügbarkeit der Flüsse, wurden Bewässerungs- und Abflusskanäle repariert, der Wassereintrag in Trockenzeiten reduziert und Deiche und Flusskontrollsysteme gebaut. Dennoch steht die lokale Bevölkerung den Herausforderungen des Klimawandels gegenüber, wo es bei den Anpassungsmöglichkeiten teilweise an Kapital, Informationen, technischen Fertigkeiten und Arbeitskräften fehlt.

PhilRice und Climate-Smart-Agriculture

Von dem International Rice Research Institute (globale Ausrichtung) und dem PhilRice Institut (Fokussierung auf die Philippinen) wurden hitze- und wasserresistente Reissorten entwickelt, ebenso wie neue Technologien, die ertragssteigernd, kostenreduzierend und umweltfreundlich sein sollen. Eine weitere Maßnahme ist die Umsetzung der sogenannten CSA (Climate Smart Agriculture). Mit einer Einteilung in 4 Kategorien soll die Landwirtschaft nachhaltiger und effektiver werden. Die Bereiche umfassen „schlaues Bewässern“ (verbesserte Bewässerungstechnik, periodisches Trockenlegen der Reisanbauflächen), „schlaue Kohlenstoffreduzierung“ (übrigbleibende Reisreste nicht verbrennen, sondern stattdessen für Biogas nutzen oder thermische Zersetzung und Kompost), schlauer Ertrag (Einsatz von stresstoleranten Sorten) und „schlaue Kommunikation“ (verbessertes Monitoring und Kommunikation, Technisierung, Digitalisierung).

Ziele und Strategien der FAO

Seit 2004 gehören die Ifugao-Reisterassen den „Globally Important Agricultural Heritage System“ (GIAHS) an. Dieses System der Food and Agricultural Organization (FAO) unter den Vereinten Nationen, beschreibt ein lebendiges und sich entwickelndes System bestehend aus einer menschlichen Gemeinde in einer verflochtenen Beziehung mit der natürlichen Umgebung, der kulturellen und landwirtschaftlichen Landschaft und dem breiteren sozialen Umfeld. 

Als Ziele und Strategien formulierte die FAO unter anderem den Schutz der Biodiversität und Erhalt der traditionellen und nachhaltigen landwirtschaftlichen Praktiken. Umgesetzt werden soll dies zum Beispiel durch die Rekultivierung von der traditionellen Reissorte Tinawon und einem intensivierten Anbau von Gemüse in der Trockenzeit, ebenso wie durch eine verstärkte Agroforstwirtschaft.

 

Weitere Strategien sind unter anderem das Errichten von Schutzzonen, eine Verbesserung des Flussmanagements, ein Bezahlungssystem für Umweltdienstleistungen (benefit sharing) und das Besteuern des Tourismus (green fees), zum Beispiel auch durch Umfunktionierung in sogenannten Agrotourismus.

 

Um alle Veränderungen effizient zu gestalten und die Durchführung langfristig zu sichern, sollen Monitoring und Evaluationssysteme etabliert werden.

 

Die Reisterrassen sollen international anerkannt und wertgeschätzt werden, um Unterstützung für den Erhalt zu sichern. Dies wird durch die große Reichweite und Präsenz der Vereinten Nationen erreicht, die hinter dem Projekt stehen.

REDD+ Implementierung als Chance?

Das REDD+ Programm der Vereinten Nationen gibt verschiedene Strategien als Lösungsansätze an. Eine ist zum Beispiel das Einsetzen von Ökosystemdienstleistungszahlungen (carbon stock payment), die beinhalten, dass die kommunale Bevölkerung Geld erhält, wenn sie die Wälder erhalten. Um die Erhaltung der Wälder zu kontrollieren, werden „safe guards“ ausgebildet, die sichergehen, dass keine Flächen zum Beispiel für landwirtschaftlichen Nutzen entwaldet wird. Darüber hinaus soll es ein Waldüberwachungssystem und die Bereitstellung von Informationssystemen geben. Wichtig dabei ist, dass die Einbeziehung der lokalen Bevölkerung bei der Umsetzung von Klimawandelanpassungen zu jedem Zeitpunkt und auf jeder Ebene unabdingbar ist.

 

Das Problem ist, dass ein Land, um an dem Programm teilnehmen zu können und Förderungen zu erhalten, bestimmte Voraussetzungen erfüllen und Anträge stellen muss. Das Wissen, um diese Anträge zu stellen, fehlt oft, genauso wie es oft schlicht unmöglich ist, dass Länder, die diese Gelder am dringendsten benötigen, die Anforderungen erfüllen können und darüber hinaus noch im internationalen Wettbewerb um die REDD+ Gelder stehen.

Fragen und Diskussion

Eine Frage, die anschließend diskutiert wurde, war, ob die vorgestellten Institutionen oder Programme für eine nachhaltige Klimawandelanpassung geeignet sind. Es wurde zu bedenken gegeben, dass hinter Projekten wie PhilRice oder GIAHS oft ein wirtschaftlicher Ansatz steht. Das Ziel ist es, den Reisanbau zu sichern, beziehungsweise eine Produktionssteigerung zu erreichen oder eine soziale und wirtschaftliche Entwicklung zu unterstützen. Bei dieser Herangehensweise werden eventuell ökologische Aspekte nicht berücksichtigt oder in den Hintergrund gestellt. Es ist immer die Frage wer unterstützt und welche Interessen vielleicht hintergründig mitschwingen.

Eine weitere stark diskutierte Frage, war die nach einer Balance zwischen Top-Down und Bottom-Up, bei solchen Projekten. Eine Idee ist, dass eventuell von oben Mittel und Informationen bereitgestellt werden und von unten die Entscheidung gefällt werden soll, wie diese Mittel eingesetzt werden. So fließen traditionelle Werte und Wissen mit in die Entscheidung ein. Da Nachhaltigkeit kein statischer Zustand ist, sondern dynamisch, ist es von Vorteil, wenn lokale Gruppen die Entscheidungen treffen und diese auch im Nachhinein noch ändern und ergänzen können. Eine Möglichkeit eines Top-Down-Beitrags wäre die Bereitstellung von wissenschaftlichen Daten und Modellen für die Hauptprobleme des Klimawandels wie Dürren, Extremwetterereignisse, Meeresspiegelanstieg etc., die ohnehin schon vorhanden sind und zu denen die indigene Bevölkerung oft keinen Zugang hat.

Es stellt sich auch die Frage ob die UN als Institution zu groß ist, um wirklich die Bevölkerung miteinzubeziehen und ob sie in der Realität nicht nur als „Geldspritze“ fungiert. Außerdem ist es wichtig zu beachten, dass es einen Widerspruch zwischen kurzfristiger und langfristiger Hilfe gibt. Kurzfristig wird oft der Schwerpunkt auf Profit oder Wirtschaftswachstum gelegt, was aber langfristig oft nicht nachhaltig ist. Oft versteht die Perspektive von top down auch etwas Anderes unter Nachhaltigkeit, als bottom up, was die Problematik der nachhaltigen Klimawandelanpassung wieder aufgreift. Eine gerechte Balance ist sehr schwierig. Vielleicht braucht es ein Zwischenglied zwischen der lokalen Bevölkerung und der großen Institution der Vereinten Nationen. In der Diskussion kam der Vergleich auf, wie es in Deutschland gerade diskutiert wird, Klimaräte einzuführen. Auch auf der Ebene mit der UN könnte so ein Konzept funktionieren, das bottom up gegründet wurde, partizipativ ist und auch Vertreter der UN in diesem Rat teilhaben könnten. So würden verschiedene Perspektiven aufeinandertreffen und gemeinsame Lösungen ausarbeiten können.

 

Beiträge zum FAO-Programm

 

Zu dem Punkt Benefit-Sharing aus dem FAO- Programm wurde noch ergänzend beigetragen, dass es eine großartige Möglichkeit wäre, durch Wertschätzung lokale Finanzierungen für die Reisterrassen zu sichern. Menschen in der Umgebung von Ifugao profitieren von dem Flusssystem, der Biodiversität und den Wäldern, für die die Ifugao Provinz allein die Verantwortung trägt. Die ebenfalls profitierenden Gemeinden könnten auch Steuern zahlen für eine gemeinsame finanzielle Grundlage, um den Erhalt der Natur zu sichern.

 

Auch wurde die Frage gestellt, ob die Technisierung durch Smartphone Apps, wie sie im FAO Programm vorgesehen ist, zukunftsweisend sein und dazu beitragen kann, sich schon im Voraus auf beispielsweise Extremwetterereignisse einzustellen oder ist diese Herangehensweise zu sehr von oben herab gedacht? Die Bevölkerung hat sich bisher reaktionär verhalten, das heißt auf sich ändernde Gegebenheiten reagiert, nachdem sie geschehen sind. Die traditionellen Kommunikationswege und Wissensweitergebung auch über Generationen passiert dabei bisher viel über Erzählen und die Sprache und wird kaum aufgeschrieben. Vielleicht wird die Digitalisierung angenommen oder zumindest von einigen, ist für andere aber kein Weg. Sicher ist, dass sie auf keinen Fall als generelle Lösung jedem aufgezwungen werden kann. Bei dieser Debatte läuft man schnell Gefahr, eine „westliche weiße Perspektive“ einzunehmen und etwa der indigenen Bevölkerung das Interesse an Digitalisierung abzusprechen. Eventuell ist aber das Interesse da und vielleicht ist es auch ein Weg, gerade die abwandernde jüngere Generation zu halten. Festzustellen ist, dass beide Extreme schwierige Standpunkte sind und dass man in einer Diskussion immer darauf Acht geben sollte, nicht unbeabsichtigt kulturrassistisch zu sein oder aus einer Perspektive auf die Problematik zu blicken, die unpassend für eine Gegebenheit ist, die in einer ganz anderen Kultur und einem anderen Teil der Welt stattfindet. 

 

Eva Abzieher