Geplante Umsiedlung als Ultima Ratio der Anpassung an den Klimawandel

Extremereignisse und Umweltveränderungen, die auf den Klimawandel zurückzuführen sind, nehmen immer stärkere Ausmaße an, weshalb einige Regionen der Welt vor dem Problem stehen, künftig womöglich unbewohnbar zu werden. Daraus resultieren Migrationsbewegungen, die bereits jährlich ca. 25 Millionen Menschen betreffen. Klimatische Auslöser, wie die erhöhten Temperaturen, der Meeresspiegelanstieg, die Übernutzung von Ökosystemen und das Abtauen der Permafrostböden, sind dabei maßgebliche Gründe für die Klimaflucht. In den entstandenen Risikogebieten herrscht zusätzlich oftmals ein hohes Konfliktpotential aufgrund von mangelnden Ressourcen, wie Wasserknappheit oder Nahrungsmittelknappheit. 

Darstellung der Gebiete, in denen verschiedene Klimawandelfolgen viele Menschen zu Flüchtlingen machen werden (Quelle: https://monde-diplomatique.de/karten/jpg/lmd_1232.jpg)
Darstellung der Gebiete, in denen verschiedene Klimawandelfolgen viele Menschen zu Flüchtlingen machen werden (Quelle: https://monde-diplomatique.de/karten/jpg/lmd_1232.jpg)

Obwohl auch Länder des globalen Nordens von den Auswirkungen des Klimawandels betroffen sind, weisen vor allem die dichtbesiedelten Länder des globalen Südens eine sehr hohe Vulnerabilität auf.

 

Klimabedingte Migrationsbewegungen führen oftmals zu Schwierigkeiten in den Zielregionen, da diese unkoordiniert stattfinden und die Betroffenen nicht selten wieder in Risikogebiete ausweichen müssen oder unzumutbaren Lebensbedingungen ausgesetzt werden. Ein Zuzug ist häufig innerhalb der Landesgrenzen zu beobachten, wobei das Zielgebiet oft schon selbst mit den Folgen des Klimawandels konfrontiert ist. So wird es in Zukunft unausweichlich sein, geplante und koordinierte Umsiedlungen der betroffenen Bevölkerung durchzuführen.

 

Seit der Klimakonferenz von Cancún 2010 wird die geplante und ungeplante Migration als Adaptionsmaßnahme anerkannt. Da es bislang kaum Erfahrungen und Leitlinien einer erfolgreichen Umsiedlung gibt, ist es erforderlich ein funktionierendes Konzept zu entwickeln. Das übergeordnete Ziel einer effektiven Umsiedlung ist es, der betroffenen Bevölkerung den gleichen Lebensstandard wie davor zu ermöglichen. Außerdem ist die Partizipation der Betroffenen in den gesamten Prozess dringend notwendig, sowie finanzielle Unterstützungen und Entschädigung durch den Staat.

 

Da eine unfreiwillige Migration ein sensibles und emotionales Thema darstellt, beinhaltet es oft auch gesellschaftliche Herausforderungen. Umgesiedelte Menschen sind einer starken psychischen Belastung ausgesetzt, welche häufig durch Verlustängste, die den Besitz, die Lebensgrundlage sowie die sozialen Bindungen betreffen, ausgelöst werden. Auch die einheimische Bevölkerung macht sich Sorgen um Landbesitz, Ressourcenverfügbarkeit und Arbeitsplatzmangel. Diese Angst löst oft ein Konkurrenzdenken in Bezug auf knappe Ressourcen aus.

 

Die politischen und staatlichen Herausforderungen liegen darin, Umsiedlungsmaßnahmen in gefährdeten Regionen rechtzeitig zu planen, geeignete Ausweichgebiete zu finden und die Grundbedürfnisse und Existenzgrundlage der Bevölkerung sicherzustellen. Außerdem muss eine Wiederansiedlung in umgesiedelten Regionen verhindert und die Frage geklärt werden wie eine Umsiedlung grenzüberschreitend stattfinden kann.

 

Die Finanzierung einer geplanten Umsiedlung erweist sich als zusätzliches Hindernis, da besonders in ärmeren Ländern kaum staatliche Mittel zur Förderung eines derartigen Projektes zur Verfügung stehen. Eine Finanzierung aus eigenen Mitteln der Bevölkerung stellt jedoch auch keine Alternative dar, denn ihr ehemaliger Landbesitz ist ebenfalls durch den Klimawandel wertlos geworden.

Das umgesiedelte Dorf Vunidogoloa (Quelle: Uni Kiel, https://www.marinesocialscience.uni-kiel.de/de/forschung/galerien-zu-forschungsaufenthalten/savusavu/relocated-vunidogoloa-village/image_view_fullscreen)
Das umgesiedelte Dorf Vunidogoloa (Quelle: Uni Kiel, https://www.marinesocialscience.uni-kiel.de/de/forschung/galerien-zu-forschungsaufenthalten/savusavu/relocated-vunidogoloa-village/image_view_fullscreen)

Beispiel für eine durchgeführte Umsiedlungsmaßnahme auf den Fiji-Inseln

Die Fiji- Inseln sind besonders von Überschwemmungen durch den stetigen Meeresspiegelanstieg betroffen. In dem Dorf Vunidogoloa auf den Fiji-Inseln scheiterten Mitigationsmaßnahmen, wie der Bau einer Barriere, die das küstennahe Gebiet vor Erosion schützen sollte. Hinzu kam die zunehmende Versalzung der Böden durch die ständigen Überflutungen, die eine landwirtschaftliche Nutzung unmöglich machte. Daraufhin ist Vunidogoloa, mit seinen 153 Bewohnern, im Jahr 2014 als erstes Dorf aufgrund klimawandelbedingter Folgen um zwei Kilometer ins Landesinnere umgesiedelt worden. Die Kosten dieser Umsiedlung beliefen sich auf 410.000€, die zu drei Vierteln durch die Regierung übernommen wurde. Grundsätzlich ist die starke Partizipation der Dorfbewohner in den Prozess der Umsiedlung positiv aufgefallen, sowie die Möglichkeit aus den Lehren dieses Fallbeispiels für zukünftige Projekte zu profitieren. Jedoch wurde das Vorhaben der Umsiedlung auch von einigen Bewohnern, durch die starke kulturelle Verbindung zu ihrem Heimatland, abgelehnt. Und auch die ursprünglich kalkulierten Ausgaben fielen schlussendlich deutlich höher aus, sowie der erwartete Zeitaufwand. Im folgenden Video wird noch einmal auf das Umsiedlungsprojekt von Vunidogoloa eingegangen:

Fazit

Es kann festgehalten werden, dass durch geplante Umsiedlungen die bestehende Struktur der Dörfer stark verändert wird, was zu einem schlechteren Dorfzusammenhalt, Unzufriedenheit und weniger Kontakt der Bewohner untereinander führen kann. Hinzu kommt, dass ein erhebliches Forschungsdefizit zu geplanten Umsiedlungen besteht. Andererseits bieten Umsiedlungen die Möglichkeit die Lebensbedingungen der Bevölkerung maßgeblich zu verbessern, indem neue landwirtschaftliche Flächen zur Verfügung gestellt werden die positiv zur Ernährungssicherung beitragen, oder Vorteile wie der Ausbau des Mobilfunknetzes zur verbesserten Kommunikation. 

 

In den Küstennahen Gebieten der Fiji-Inseln besteht bereits dringender Handlungsbedarf, doch auch in Ländern des globalen Nordens bekommt man die Auswirkungen des Meeresspiegelanstiegs zu spüren. Aufgrund des erwarteten Anstiegs muss in Großbritannien voraussichtlich 2045 das erste walisische Dorf Fairbourne umgesiedelt werden, da das Gebiet für die Bewohner zu gefährlich wird, und den Behörden die Investitionen für den Hochwasserschutz zu kostenintensiv werden. Die Bewohner sollen jedoch nur bei der Umsiedlung unterstützt werden und keine Ausgleichszahlungen erhalten, da die Regierung gesetzlich nicht dazu verpflichtet ist. Viele Anwohner machen sich große Sorgen um ihre Zukunft, da für viele damit auch die Absicherung fürs Alter wegfällt. 

 

Obwohl die geplante Umsiedlung mittlerweile als 'Ultima Ratio' für die Klimawandelanpassung gilt und das Interesse an solchen Maßnahmen zugenommen hat bleiben weiterhin viele Fragen unbeantwortet. Wie wird in Zukunft mit dem Problem der Überbevölkerung umgegangen? Wer soll umgesiedelt werden und wo setzt man dabei die Prioritäten? Wie kann der gewohnte Lebensstandard beibehalten oder verbessert werden? Für diese ungeklärten Fragen können hoffentlich, mit zunehmendem Bedeutungsgewinn der geplanten Umsiedlung als Anpassungsmaßnahme, schnellstmöglich Antworten gefunden werden.

 Bürgermeister Sailosi Ramatu vor Vunidogoloa an seinem neuem Standort (Quelle: Loes Witschge / Al Jazeera unter https://www.aljazeera.com/indepth/features/fiji-villages-move-due-climate-change-180213155519717.html)
Bürgermeister Sailosi Ramatu vor Vunidogoloa an seinem neuem Standort (Quelle: Loes Witschge / Al Jazeera unter https://www.aljazeera.com/indepth/features/fiji-villages-move-due-climate-change-180213155519717.html)