Wie reagieren die verschiedenen Inselstaaten auf den Klimawandel? Im Folgenden werden anhand von Beispielen von Kiribati und Vanuatu verschiedene Handlungsmöglichkeiten aufgezeigt.
Die pazifische Inselregion umfasst die Gebiete Mikronesien, Melanesien, Polynesien sowie Australien und Neuseeland. Der Fokus des Vortrags liegt auf den Inseln und Inselgruppen drei kleineren Inselregionen. Dort leben insgesamt 3,5 Mio. Menschen. Zirka die Hälfte lebt in ländlichen Gegenden und ernährt sich hauptsächlich von der Subsistenzwirtschaft.
Die Pazifischen Inseln sind durch eine hohe Heterogenität gekennzeichnet. Dabei beeinflusst nicht nur die Größe und die Lage der Inselstaaten die Auswirkungen des Klimawandels, sondern auch der Inseltyp spielt eine entscheidende Rolle. Es können hohe Vulkaninseln und flache Atolle unterschieden werden.
Aufgrund ihrer in der Regel geringen Größe, ihrer abgeschiedenen Lage und ihrer hohen Exposition gegenüber Extremereignissen wie beispielsweise Wirbelstürme sind die pazifischen Inselstaaten besonderes vulnerabel gegenüber dem Klimawandel. Daher beteiligen sie sich aktiv im Klimawandelabkommen und sind sehr präsent bei internationalen Treffen.
Bereits jetzt sind die Folgen des Klimawandels auf den pazifischen Inselstaaten spürbar und diese sind eher negativen Zukunftsprognosen ausgesetzt: Das südpazifische Klima wird wärmer, was Folgen auf die Niederschlagsfrequenzen und dessen Intensität hat. Zudem nehmen die Häufigkeit und die Stärke von tropischen Wirbelstürmen zu. Die Meerestemperaturen und die Versauerung des Pazifischen Ozeans steigen weiter sowie der durchschnittliche Meeresspiegel.
Stellt der Meeresspiegelanstieg denn tatsächlich ein Problem dar? Hierbei ist zu beachten, dass der Anstieg des Meeresspiegels, aufgrund von Anomalien im Erdanziehungsfeld, sehr homogen ist. Generell lässt sich nach IPCC ein Meeresspiegelanstieg von 0,5 mm bei einer Temperaturzunahme von 1°C feststellen. Im Bereich der pazifischen Inselstaaten treten positive Anomalien mit einem Anstieg von sogar 5-7,5 mm auf. Doch ist auch hier zu betonen, dass es kleinräumige Unterschiede zwischen den Inseln gibt und der tatsächliche Meeresspiegelanstieg zwischen zwei Inseln variieren kann.
Atolle sind dabei besonders stark betroffen. Die Folgen sind erhöhte Küstenerosionen und Überschwemmungen, welche sich stark auf die Lebensgrundlagen der dort lebenden Bevölkerung auswirken. In Tuvalu leben beispielsweise 100 % der Bevölkerung weniger als 5 m über dem Meeresspiegel.
Als Zwischenfazit kann daher festgehalten werden, dass auf lange Sicht kleine, flache Inseln im Pazifik nur noch einige Jahrzehnte bestehen werden, bevor sie überflutet werden.
Neben den Gefahren aufgrund des Meeresspiegelanstiegs ist die dortige Bevölkerung weiteren Auswirkungen des Klimawandels ausgesetzt:
Durch eine steigende Zahl und Zunahme der Frequenz der Extremereignisse wie Überflutungen, Dürren oder Stürme steigen die Schäden. Gleichzeitig ist eine Regeneration des Ökosystems nicht möglich, wodurch sich die Schäden kumulieren. Durch die Variabilität der Sommerniederschläge kommt es zu erhöhtem Hitzestress der Pflanzen in der Landwirtschaft. Plötzlich einsetzende Starkregenereignisse führen zu Bodenerosionen. Wirbelstürme führen nicht nur zu Schäden in der Landwirtschaft und Forstwirtschaft sondern auch zu physischen Schäden von Korallenriffen. Gleichzeitige Veränderungen küstennaher Zirkulationsmuster und steigende Meerestemperaturen führen zur Korallenbleiche. Es ist zu erwarten, dass in der Zukunft eine Abnahme der Produktivität in der Fischerei sattfinden wird. Eines der größten Probleme für die Bevölkerung der pazifischen Inselregion stellt die Trinkwasserversorgung dar. Hohe Schwankungen der Niederschlagsereignisse, veränderte Zugbahnen von Stürmen und die Kontaminierung von Frischwasser mit Salzwasser bei Sturmfluten macht eine Adaption zwingend notwendig.
Allerdings muss hierbei beachtet werden, dass die Auswirkungen des Klimawandelns in der pazifischen Inselregion nicht homogen sind. So sind beispielsweise Basaltküsten von Küstenerosionen weniger gefährdet als Sandküsten. Allgemein sind flache Atolle stärker den Folgen des Klimawandels (u.a. Küstenerosionen, Meeresspiegelanstieg, Salzwasserinversion) ausgesetzt.
Aber auch die Lage der Inselstaaten spielt eine entscheidende Rolle: Während sich einige Inselstaaten im Stressfeld des Ring of Fires befinden und durch Erdbeben und Tsunamis heimgesucht werden können, befinden sich andere Inseln stattdessen im Zugpfad tropischer Wirbelstürme.
Wie reagieren die pazifischen Inselsaaten auf die Auswirkungen des Klimawandels?
Im Rahmen des Vortags werden hierzu zwei verschiedene Beispiele aufgeführt. Kiribati, ein Land bestehend aus 33 Korallenatollen und Inseln entlang des Äquators, hat sich für eine geordnete Migration als Adaptionsstrategie entschieden. In Vanuatu hingegen, soll eine community based Adaption den Menschen helfen, sich an die Folgen des Klimawandels anzupassen.
Migration von Kiribati
Fast alle Inseln von Kiribati, mit Ausnahme einer Insel (81m über dem Meeresspiegel), liegen nur wenige Meter über dem Meeresspiegel. Neben dem ökologischen Druck auf den Inselstaat, der typischerweise durch Salzwasserintrusion, Sturmfluten und Dürre gekennzeichnet ist, entsteht auch ein zunehmender sozialer Druck auf die Inseln. Eine rapide wachsende Bevölkerung beschränkt die Möglichkeiten Resilienz gegenüber den Klimawandelauswirkungen zu entwickeln. Daher wird eine Migration als sinnvolle Adaptionsstrategie angesehen. Nach dem Motto „Migration with Dignity“ hat sich die Regierung von Kiribati dazu entschlossen Land auf Fidschi zu erwerben, um eine kontrollierte und geplante Migration sicherzustellen. Aktuell wird dieses zur Nahrungsmittelproduktion genutzt, welches allerdings zukünftig als neue Heimat für die Menschen von Kiribati dienen soll. Gleichzeitig wurden Einwanderungsabkommen mit Australien und Neuseeland verabschiedet.
Allerdings fehlen ärmeren Haushalten oftmals die Mittel zu einer internationalen Migration nach beispielsweise Australien oder Neuseeland, weshalb die aktuellen Zahlen eine starke Binnenmigration aufzeigen. Nichtsdestotrotz kann eine Migration eine sinnvolle Maßnahme bzw. eine unumgängliche Lösung als Reaktion auf an den Klimawandel in solchen Regionen darstellen.
Klimawandeladaption in Vanuatu
80 % der Bevölkerung des südpazifischen Inselstaats auf den rund 80 Inseln hat keinen Zugang zu Strom und ist abhängig von Subsistenzlandwirtschaft. Zudem spielen traditionelle politische Strukturen eine teilweise sehr wichtige Rolle. Regelmäßige Extremereignisse wie Wirbelstürme, Erdbeben, Tsunamis, Hangrutschungen oder Dürren verdeutlichen die hohe Exposition der teilweise bergig, steilen Vulkaninseln.
Im Rahmen eines Multimillionen Dollar Projektes, finanziert durch die Weltbank, wurde der Bau von Infrastrukturen gefördert sowie Hilfe bei der Planung der Reduktion der Vulnerabilität gegenüber Naturkatastrophen zugesprochen. Allerdings fand das IRCC-Projekt wenig Anklang bei der dortigen Bevölkerung. Die Empfehlungen bzw. Pläne werden nicht angenommen bzw. umgesetzt und nur bei wenigen Institutionen implementiert. Ein möglicher Grund dafür liegt in der Bottom-Up Herangehensweise des Projektes.
Community-Based-Adaptation-Projekte werden besser angenommen und sind daher effektiver. Da im Rahmen dieser Projekte die traditionellen Strukturen erhalten bleiben, Landressourcen einfacher genutzt werden und das traditionelle Wissen der Bevölkerung und die Entscheidungsbefugnis bei ihnen bleiben. Projekte mit großem Budget sind daher schwierig umzusetzen.
Neben dem Anbau von klimaresistenten Arten, Kommunikation zwischen und mit Subsistenzlandwirten über Methoden zur Bodenstabilisierung und Reduktion von Küstenerosionen und der Verteilung von „standard climate kit“-Infobroschüren an Communities und Stammeshäuptlingen zur Aufklärung und Bewusstseinsschaffung hinsichtlich den Folgen des Klimawandels, gibt es auch eine Diversifikation in der Landwirtschaft durch die Anpassungen von Vieh an extremes Wetter, welches das folgende Video zeigt. Das Video beschreibt ein Projekt der Vanuatuan Landwirte in Zusammenarbeit mit der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ).
Generell wird ein Paradigmenwechsel innerhalb der Entwicklungszusammenarbeit in Richtung Community Based Adaption deutlich. Hierbei liegt der Fokus auf der Nutzung der Ressourcen vor Ort und der Nutzung lokalen Wissens und Beziehungen zwischen den Inselgruppen.
Diskussion
In der anschließenden Diskussion ging man erneut auf Kiribati ein. Kiribati stellt eine Besonderheit in den pazifischen Inselregionen dar, da es als erstes Land ein Migrationsabkommen mit Australien und Neuseeland abgeschlossen und bereits jetzt Land auf den Fidschi-Inseln gekauft hat. Zudem wurde eine weitere Idee von Kiribati angesprochen. Der Inselstaat hat Überlegungen zur Konstruktion von schwimmenden Inseln entlang der aktuellen Inselgruppen geäußert. Dadurch wäre die Wahrung von Traditionen, der Kultur und der Identität der Bevölkerung ermöglicht worden. Allerdings wurde das Projekt aufgrund von Problemen bei der Finanzierung und Konstruktion wieder verworfen.
Außerdem wurde die Frage nach der Verteilung von Klimaflüchtlingen in die Runde geworfen: „Müssen nur Australien und Neuseeland Klimamigranten aufnehmen oder sollten auch andere Länder des Globalen Nordens Migranten willkommen heißen?“ sowie „ Ist das fair, dass nur Australien und Neuseeland die Bewohner der pazifischen Inselgruppen aufnehmen?“. Als mögliche Antwort auf die Frage wurde aufgeführt, dass oftmals schon Familienangehörige in Australien oder Neuseeland leben sowie die klimatischen Ähnlichkeiten, die das Einleben erleichtert. Auch aufgrund der räumlichen Nähe zu den pazifischen Inselstaaten bietet sich eine Migration nach Australien und Neuseeland an.
Als Ausblick wurde die Frage verallgemeinert und auf das generelle Problem von der Verteilung von Klimaflüchtlingen hingewiesen. Die Frage nach einem Verteilungsschlüssel von Flüchtlingen aufgrund des Klimawandels wird zukünftig stärker bei internationalen Treffen thematisiert werden müssen und stellt die Staaten vor weitere Schwierigkeiten und Folgen des Klimawandels.
Lea Hagenbach