Namibia in der Klimakrise – Anpassung an die veränderten Umweltbedingungen

Treffen der lokalen Bevölkerung in einer Conservancy (Quelle: https://conservationtourism.com, 31.01.20)
Treffen der lokalen Bevölkerung in einer Conservancy (Quelle: https://conservationtourism.com, 31.01.20)

Eckdaten zu Namibia

Namibia befindet sich im südwestlichen Teil Afrikas und kennzeichnet sich durch ein variables Klima, das aber insgesamt als arid eingestuft werden kann. Häufige Dürreperioden und Überschwemmungen bei anschließenden Niederschlägen prägen das Land. Insgesamt besteht Namibia aus 22 % Wüste. Das Grundwasser hat oftmals keine Trinkwasserqualität und ist oftmals salzhaltig.

 

Insgesamt ist Namibia laut des United Nations Framework on Climate Change sehr anfällig für die Folgen des Klimawandels. Dies betrifft die Wasserressourcen, die Landwirtschaft, die Biodiversität und die Bevölkerung mit ihrer Wirtschaft. Die sozioökonomischen Rahmenbedingungen, wie beispielsweise das hohe Bevölkerungswachstum und die hohen Armutsraten vergrößern die Verwundbarkeit der Menschen. Die Temperatur- und Niederschlagsprojektionen legen nahe, dass der Trend wärmerer Temperaturen und veränderter Niederschlagsmuster sich weiterentwickeln wird und daher eine Klimawandelanpassung unerlässlich ist. 

Was sagt die Regierung dazu?

Ein Schlüsselinstrument der Regierung zur Bewältigung der Klimakrise ist der National Climate Change Strategy & Action Plan (NCCSAP), der in dem Zeitraum von 2013-2020 läuft. Der Aktionsplan entstand aus der Sorge heraus, dass Namibias Entwicklungszukunft auf diversen Ebenen (sozial, ökologisch und wirtschaftlich) durch den Klimawandel bedroht wird. Verschiedene Akteure auf nationalen und lokalen Skalen beteiligen sich an dem Prozess. Die Schwerpunkte des NCCAP betreffen vier Themenfelder: Ernährungssicherheit, Wasserressourcen, Gesundheit und Infrastruktur.

 

1.     Ernährungssicherheit

Das erste Themenfeld bezieht sich vor allem auf den primären Sektor, der in Namibia eine sehr große wirtschaftliche Bedeutung hat, da 70 % der Bevölkerung in diesem Sektor tätig sind. Der Regenfeldbau ist hierbei ein Schwerpunkt der LandwirtInnen. Damit dieser wichtige Wirtschaftszweig auch weiterhin betrieben werden kann, soll der NCCSAP dazu beitragen, Wissen über klimaresistente Anbaupraktiken zu verbreiten und beispielsweise die Diversifizierung der Feldfrüchte oder die Züchtung von klimaresilienten Nutztierrassen zu fördern. Zusätzlich sollen Klimadaten über zukünftige Extremereignissen erstellt und veröffentlicht werden. 

 

2.     Nachhaltige Wasserressourcen

In Namibia herrscht hohe Wasserknappheit. Wasser ist daher eine sehr wertvolle Ressource, die das Leben und Wirtschaften der Region bestimmt. Es wird u.a. zur Energiegewinnung, für die Landwirtschaft und in der Industrie verwendet. Durch den Aktionsplan sollen wichtige Wasserquellen- und speicher erfasst und überwacht werden. Daraus gilt es Strategien zu entwickeln, um den Zugang zu Trinkwasser für die gesamte Bevölkerung zu gewährleisten. Hierzu wird eine Reihe von technischen Anpassungsmaßnahmen vorgeschlagen:

-       Nebelnetze zur Wassergewinnung (nicht ausreichend)

-       Geschlossene Wasserkanäle

-       Wasserentsalzungsanlagen betrieben mit Solarenergie 

 

3.     Gesundheit

Um verbreitete Krankheiten (z.B. Malaria) vorzubeugen und angemessen zu begegnen, sollen durch das NCCSAP vorhandene Kapazitäten gestärkt werden. Das bedeutet auch Personal auszubilden und das Bewusstsein für Krankheitsrisiken zu schärfen. Auch schwierige Lebenslagen, wie erzwungene Migration, können psychische Krankheiten hervorrufen, die in Zukunft durch die veränderte Umwelt gehäuft auftreten können. 

 

4.     Infrastruktur

Extremwetterereignissen können massive Schäden im Infrastrukturbereich verursachen. Dazu zählen einerseits die Siedlungsbereiche und deren Versorgungssysteme und andererseits auch Kommunikationssysteme. Ziele des Aktionsplans ist hierbei grundlegende Standards bei der Entwicklung von Infrastruktur zu verbessern und eine Entwicklung hin zu einer klimaresilienten Stadtentwicklung zu fördern. 

Was passiert auf der lokalen Ebene?

Für die lokale Bevölkerung spielt die sogenannte Conservancy eine zentrale Rolle zur Erhaltung ihrer Grundbedürfnisse. Eine Conservancy besitzt zwar feste Grenzen, wird jedoch nicht umzäunt, sodass Wildtiere das Gebiet ungehindert passieren kann. Sie wird vom Ministerium für Umwelt und Tourismus ernannt, jedoch nicht verwaltet, sodass sie eine selbstverwaltete, demokratische Einheit bildet. 

Registrierte kommunale Conservanys in Namibia (Quelle: https://sites.utexas.edu/wildlife/files/2015/01/Namibia-conservancies-map.jpg, 31.01.20)
Registrierte kommunale Conservanys in Namibia (Quelle: https://sites.utexas.edu/wildlife/files/2015/01/Namibia-conservancies-map.jpg, 31.01.20)

Das Community-based Natural Resource Management (CBNRM) basiert auf drei Grundpfeilern: (1) Schutz der Wildtiere, (2) Nutzung der Wildtiere, (3) Tourismus. Auf der einen Seite werden Wildtiere und ihre Bestände beobachtet und gezählt, auf der anderen Seite dienen sie zur Jagd und Nahrungsgewinnung der Bevölkerung. Das dritte Standbein der Bevölkerung ist der Tourismus, der Arbeitsplätze schafft und Einkommen generiert. 

 

In der Vergangenheit, während der Kolonialzeit und des Apartheid-Regimes, wurde die lokale Bevölkerung vertrieben und deren Landnutzungsrechte aberkannt. Früher hatte die Bevölkerung keine Möglichkeit legal zu jagen. Oftmals kam es daher zu Wilderei, da sich die Jagdflächen im Privatbesitz der Kolonialherren befand. Mit der Unabhängigkeit Namibias wurden von der Bevölkerung zum ersten Mal Rechte eingefordert. Mit dem CBNRM-Programm hat die lokale Bevölkerung heute wieder Nutzungsrechte und können ihre eigenen Erwerbsmöglichkeiten selbstständig gestalten. Somit kann auch die Anpassungskapazität der Bevölkerung gestärkt werden. 

Tourismusgruppe in einer Conservancy (Quelle: https://conservationtourism.com, 31.01.20)
Tourismusgruppe in einer Conservancy (Quelle: https://conservationtourism.com, 31.01.20)

Wie kann eine Klimaanpassung in Namibia gelingen?

Einige der Ziele des CBNRM und des NCCSAP decken sich in Bezug auf die Anpassung an die Folgen des Klimawandels. Mit den neuen Nutzungsrechten kann durch das Jagdrecht auch in Krisenzeiten die Ernährung gesichert werden. Für den Erhalt der Wasserressourcen wurde ein Water Point Commitee eingerichtet. Durch die Förderung der Gemeinschaft ist es für die lokale Bevölkerung möglich, eigene Strukturen für ein neuen Einkommenszweig zu schaffen (z.B. Tourismus). Durch das Regierungsprogramm werden u.a. auch WildhüterInnen ausgebildet. Das heißt, die Ressourcen des NCCSAP können der Bevölkerung Autonomität und ein Bewusstsein für Eigeninitiative geben, um ihre Gemeinschaft gegenüber Krisen widerstandsfähig zu machen.

Diskussionspunkte

Insgesamt ist es schwierig die Adaption von dem Entwicklungskontext zu trennen. Bei den Fridays-for-Future- Demonstrationen in Namibia (s. Video unten) wird deutlich, dass der Klimawandel die Bemühungen in den Entwicklungsbestrebungen gefährdet.

 

Bei dem Regierungsprogramm NCCSAP stellt sich die Frage, inwieweit die Ziele bis 2020 erreicht werden können. Bisher gibt es keine Angaben zu konkreten Ergebnissen der Maßnahmen. Dennoch kann es als ein Instrument gesehen werden, dass eine rechtliche Grundlage und Bewusstsein für die Themenbereiche schafft. 

 

Das CBNRM schafft eine Balance zwischen bottom-up- und top-down-Ansätzen. Die Bevölkerung hat insgesamt viel Mitsprachrecht bei Entscheidungsprozessen, wie beispielsweise bei der demokratischen Zusammenwahl der Conservancies. Andererseits hat das Ministerium die Macht die Nutzungsrechte der Conservancies wieder zu entziehen und finanzielle Unterstützung einzustellen. Dennoch ist es im Sinne der bottom-up-Perspektive als positiv zu bewerten, dass die Regierung auf lokale Phänomene eingeht und sie eng mit den tradional authorities zusammenarbeitet.

 

Bei Entwicklungsprogrammen, die von internationalen Organisationen (KFW, WWF, Weltbank, etc.) aufgesetzt werden, ist nicht auszuschließen, dass viele Aktionen auf der Basis von Eigeninteressen durchgeführt werden. Aus diesem Grund sind solche Programme immer kritisch zu betrachten. Zudem stellt sich die Frage nach der Verantwortung der Geberländer für die Klimakrise.

 

Bei der Frage danach, wie eurozentristisch die Klimagerechtigkeitsbewegung ist, muss bedacht werden, dass jedes Land seine ganz eigene Perspektive auf das Thema hat. Die DemonstrantInnen bei der den Fridays-for-Future-Demonstration fordern climate action, statt climate justice (wie in vielen westlichen Ländern). Hierbei kommt es auch darauf an, an wen diese Forderung gerichtet ist. Bei der Demonstration in Namibia richtet sie sich an das Umweltministerium und die dort ansässige Politik. In Deutschland zeichnet sich bei den Demonstrationen auch ein intergenerationaler Konflikt ab, nach dem Motto: „die Alten leben auf Kosten der Jungen“. Ein weiterer Unterschied besteht darin, dass die Menschen in Namibia bereits unter den Auswirkungen des Klimawandels leiden, während dieser in Europa noch nicht in dem gleichen Ausmaß zu spüren ist. 

 

Der Klimawandel beinhaltet rassistische Elemente. Der Begriff für das neue Zeitalter des „Anthropozäns“ ist in diesem Zusammenhang irreführend, da er suggeriert, dass alle Menschen gleichermaßen für die Umweltveränderungen verantwortlichen seien. Die aktuelle Klimakrise wird auf die industrielle Revolution bezogen, womit die Länder, die ihre Wirtschaft auf diese Entwicklung aufgebaut haben, mehr CO2-Emissionen produziert haben. Die Konsequenz, die daraus gezogen werden könnte, ist, dass die Bevölkerung Namibias auch climate justice fordern. Diese Forderung kann als eine Solidaritätsforderungen angesehen werden. Aber auch in der deutschen Gesellschaft sind unterschiedliche Gesellschaftsschichten verschieden stark von den Auswirkungen des Klimawandels betroffen. Insgesamt kann festgehalten werden, dass nicht langfristig gedacht wird und es daher keinen generationsübergreifenden Ansatz zur Klimaproblematik gibt.

 

Anna-Maria Nießen

 

http://www.nacso.org.na/news/2018/07/eif-empowering-communities-to-adapt-to-climate-change