Wasser in Bangladesch – Anpassung an eine Naturgewalt

Ausgangssituation

Bangladesch hat mit 1200 Einwohnern pro Quadratkilometer eine sehr hohe Bevölkerungsdichte. In Deutschland kommen zum Vergleich nur 200 Einwohner auf einen Quadratkilometer. Die geographische Lage ist im Delta der drei großen Flüsse Ganges, Meghna und Jamuna zu verorten, welche im Himalaya-Gebirge entspringen. Aus diesem werden viele für die Landwirtschaft wichtigen Nährstoffe transportiert, die für über 50% der Einheimischen überlebenswichtig sind. Durch die vielen Flüsse besitzt das Land jedoch eine hohe Vulnerabilität gegenüber Überschwemmungen. Es wird zwischen drei unterschiedlichen Überflutungstypen unterschieden, den Monsunfluten, Schichtfluten und den tropischen Wirbelstürmen. Erstere sind durch langanhaltende Niederschläge über mehrere Monate im Sommer gekennzeichnet. 20-60% der Landfläche können zu diesen Zeitpunkten unter Wasser stehen. Die Schichtfluten dagegen werden durch Starkniederschläge verursacht, sind daher schwer vorhersehbar, aber auch schnell wieder vorbei. Die tropischen Wirbelstürme treten meisten kurz vor oder nach der Monsunzeit auf. Durch Windgeschwindigkeiten von bis zu 200 km/h entstehen Sturmflutwellen, welche in Kombination mit dem Wind für große Zerstörungen sorgen können. Treten zwei dieser Überflutungstypen zum gleichen Zeitpunkt auf, wird das Ausmaß der Zerstörung um ein Vielfaches erhöht. 

Klimawandel

Der Klimawandel verstärkt diese Gefahren noch zusätzlich: Der Temperaturanstieg, ausgelöst durch den Klimawandel, führt zur Gletscherschmelze im Himalaya-Gebirge und zu häufiger auftretenden Extremwetterereignissen wie Dürren, Überschwemmungen oder Wirbelstürmen. Der Meeresspiegelanstieg ist eine weitere Folge des Temperaturanstiegs. Dies führt dazu, dass die zu bewirtschaftenden Landflächen, Flüsse und das Grundwasser zunehmend versalzen und teilweise  auch längerfristig überflutet sind. 10 % der Landfläche Bangladeschs befindet sich nur einen Meter über dem Meeresspiegel.

Der steigende Meeresspiegel, immer häufigere Wirbelstürme und die zunehmenden Sturmfluten drücken immer mehr Salzwasser ins Landesinnere von Bangladesch herein (Bildquelle: Frank Schultze, Brot für die Welt)
Der steigende Meeresspiegel, immer häufigere Wirbelstürme und die zunehmenden Sturmfluten drücken immer mehr Salzwasser ins Landesinnere von Bangladesch herein (Bildquelle: Frank Schultze, Brot für die Welt)

Anpassung an Klimawandelauswirkungen

Um sich den Auswirkungen des Klimawandels anzupassen, wurden einige Programme entwickelt. So zum Beispiel 1972 das Cyclone Preparedness Programm (Frühwarnprogramm), bei dem durch eine besser ausgebaute Warnstruktur die Betroffenen frühzeitig gewarnt werden sollen. Der Flood Action Plan von 1989 (Infrastruktur bei Überschwemmung) hingegen soll eine verbesserte Reaktion auf Fluten gewährleisten. Der NAPA(National Adaptation Programme of Action) wurde in Zusammenarbeit mit der UN entwickelt und enthält unter anderem die Aufforstung des Landes, wie auch eine effektivere Trinkwasserbereitstellung und eine verbesserte, großräumigere Aufklärung der Bevölkerung über mögliche Risiken der Extremwetterereignisse. Andere Anpassungsstrategien stellen Saatgutspeicher, künstliche Süßwasserspeicher, Züchtung salzresistenter Reissorten, Gemüseanbau auf Flößen und die Wiederaufbereitung von verschmutztem Wasser dar. Um die Nachhaltigkeit dieser Projekte zu gewährleisten, wurde zumeist ein ganzheitliches Konzept entwickelt. So stellen hauseigene Solaranlagen zum Beispiel den Strom für die Entsalzungsanlagen her. 

Ein Projekt von „Brot für die Welt“ (Link hier) in Zusammenarbeit mit der Partnerorganisation „Christian Comission for Development in Bangladesh(CCDB)“ soll kurz genauer beleuchtet werden: Im Dorf Vamia stellte die Versalzung des Trinkwassers ein großes Problem dar. Dieses gesundheitsschädliche Wasser wurde aufgrund von fehlenden Alternativen regelmäßig von den Dorfbewohnern getrunken. Die Lösungsmöglichkeiten wurden von einem Dorfkomitee, unter der Supervision der Experten aus CCDB und unter Berücksichtigung der finanziellen Möglichkeiten, analysiert. Außerdem entwickelten und leiteten die Bewohner das Projekt selbst, um möglichst viel Bürgerbeteiligung und Verständnis vor Ort zu erreichen. Es wird eine Entsalzungsanlage zur Verfügung gestellt, die bis zu 6000 Liter Wasser am Tag reinigt. Für diverse Teiche wurden Wasserfilter aus Sand bereitgestellt und zur Nutzung des Regenwassers Sammeltanks installiert. All diese Maßnahmen sind für die Dorfbewohner ein Symbol der Hoffnung, dass sie längerfristig in ihrem Dorf leben können.

Diskussion

In anschließender Diskussion wurde festgestellt, dass eine relative hohe Resilienz durch die Entsalzungsanlage geschaffen wurde. Nach der Definition von Resilienz müssen wesentliche Strukturen erhalten werden, was hier zutrifft. Allerdings ist diese Resilienz auch kritisch zu sehen, da der positive Impact höchstwahrscheinlich die Probleme nicht längerfristig bekämpft. Auch der Spendenbedarf, also die Hilfe von außen, ist groß, im Falle von Vamia liegt er bei 50.000 Euro.

 

Als weitere Frage wurde diskutiert, ob Religion im Zusammenhang mit Entwicklungszusammenarbeit eine Rolle spielen darf. Der allgemeine Konsens lautete, dass Organisationen mit religiösem Hintergrund sich durchaus engagieren dürften und sollten. Andere Organisationen seien zwar nicht religiös motiviert, hätten dafür aber andere, nicht weniger uneigennützige Ziele wie etwa neokolonialistische Motive. Da Hilfsorganisationen sich immer zu beiden Seiten, also zu den Spendern und den „Bedürftigen“ legitimieren müssen, ist dies meist nur mit irgendeiner Form von übereinstimmenden Interessen durchzusetzen. Solange das Geld, Knowhow oder allgemein gesagt, die Hilfe vor Ort sinnvoll und mit Übereinstimmung der Einheimischen eingesetzt wird, sind die hintergründigen Ziele erst einmal nicht relevant. Dazu zählt auch, dass Missionsaufträge keine Rolle in einem Akt der Nächstenliebe spielen dürfen.

 

Julie Weisser & Oliver Rombach

 

Zusatzliteratur:

Bose, P. S. (2016). Vulnerabilities and displacements: adaptation and mitigation to climate change as a new development mantra. Area, 48(2), 168-175.