Welche Rolle spielt „Grüne Infrastruktur“ für eine klimaresiliente Entwicklung afrikanischer Städte?

Grüne Infrastruktur in der Gauteng-Region (Quelle: https://www.gcro.ac.za/research/project/detail/green-assetsand- infrastructure, 08.02.20)
Grüne Infrastruktur in der Gauteng-Region (Quelle: https://www.gcro.ac.za/research/project/detail/green-assetsand- infrastructure, 08.02.20)

Grüne Infrastrukturen als Strategie zur Klimawandelanpassung

Grüne Infrastrukturen (GI) stellen vernetzte Systeme von Grünflächen in Städten dar, die eine Vielzahl von Ökosystemdienstleistungen bereitstellen. Ziel ist es hierbei, den Anteil von Grünflächen, zum Beispiel Parks, Alleen oder Gärten, in Städten zu erhöhen. Dieses Stadtentwicklungskonzept wurde ursprünglich in den Ländern des Globalen Nordens entwickelt.

GI tragen nicht nur zu einer ästhetischen Aufwertung der Stadt bei, sondern können auch zu einer klimaresilienten Entwicklung von Städten beitragen. So kann man beispielsweise den urbanen Wärmeinseleffekt durch einen Ausbau von GI reduzieren. Dies liegt daran, dass Grünflächen zu einem Kühleffekt in Städten beitragen. Darüber hinaus erhöht sich die Resilienz gegenüber Extremwetterereignissen, falls es zu einem Ausbau von GI in Städten kommt. GI erbringen eine Vielzahl an weiteren Funktionen, wie z.B. die Speicherung von Kohlenstoff.

Darüber hinaus kann man durch einen Ausbau von urbanen Gärten die Ernährungssicherheit der lokalen Bevölkerung erhöhen.

Urbanisierung in afrikanischen Städten

Immer mehr Menschen auf der Welt leben in Städten. Auch in Afrika kommt es zu einen starken urbanen Bevölkerungsanstieg. Man geht davon aus, dass bis in das Jahr 2035 knapp die Hälfte der gesamten afrikanischen Bevölkerung in Städten leben wird. Die urbane Bevölkerung ist besonders in Subsahara-Afrika stark gewachsen, nämlich mit einer Wachstumsrate von 5,4% zwischen 2010-2020. Man muss dabei festhalten, dass sich die Mehrheit der größten Städte in Subsahara-Afrika in küstennähe befinden und somit potenziellen Umweltveränderungen wie einen Meeresspiegelanstieg besonders ausgesetzt sind.

Die Migration der ländlichen Bevölkerung in die urbanen Räume Afrikas kann als der Haupttreiber für die Urbanisierung angesehen werden. Die Städte expandieren über ihre offiziellen Stadtgrenzen. Immer mehr informelle Siedlungen entstehen am Stadtrand. Die Bewohner haben keinen Zugang zu grundlegenden Infrastrukturen. Insgesamt muss man

festhalten, dass die Urbanisierung in afrikanischen Städten zu weitreichenden Landnutzungsänderungen führt. Es gehen hierbei wichtige Ökosystemdienstleistungen, darunter landwirtschaftliche Flächen, verloren.

Klimawandel in Subsahara-Afrika

Die Vulnerabilität großer Städte in Subsahara-Afrika gegenüber dem Klimawandel ist sehr hoch. Die Bewohner jener Städte sind einer Vielzahl von Umweltveränderungen ausgesetzt. Die Küstenstädte in Subsahara-Afrika sind besonders durch einen Anstieg des Meeresspiegels gefährdet. Darüber hinaus erkennt man einen Lufttemperaturanstieg in den meisten Städten von Subsahara-Afrika. Besonders die Bewohner der informellen Siedlungen können sich nur sehr schlecht an den Klimawandel anpassen.

Insgesamt kann man sagen, dass sich die Situation in den Städten von Subsahara-Afrika durch den Klimawandel deutlich verschärfen wird. Die Bereitstellung von Grundbedürfnissen wird durch die Umweltauswirkungen weiter erschwert.

Die Bedeutung von Grünen Infrastrukturen in afrikanischen Städten

Die eben geschilderten Dinge machen deutlich, dass sich die afrikanischen Städte dringend an den Klimawandel anpassen müssen. Seit wenigen Jahren versuchen internationale Forscher herauszufinden, wie man mithilfe von GI die Resilienz afrikanischer Städte gegenüber dem Klimawandel erhöhen kann.

Insgesamt muss man festhalten, dass man bisher ein großes Defizit an GI in afrikanischen Städten vorfindet. Häufig haben die lokalen Regierungen keine Ressourcen dafür, GI in ihren Städten auszubauen. Insgesamt findet man auch wenig verfügbare Flächen in den Städten vor, die sich für einen Ausbau von GI eignen würden.

Als einer der Vorreiter auf dem afrikanischen Kontinent propagiert die Gauteng City-Region in Südafrika, zu der auch die Metropolen Johannesburg und Pretoria gehören, GI bereits heute als wichtige Säule ihrer Stadtentwicklung nach dem Prinzip der Nachhaltigkeit. Unter diesem Link (hier) oder im folgenden Video finden sich weitere Informationen.

Urban Gardening als eine Anpassungsstrategie

Einen Ausbau von GI findet man bisher in nur sehr wenigen Städten in Subsahara-Afrika vor. Ausnahmen sind jedoch Städte wie die Stadt Dar es Salaam in Tansania. Man findet in Dar es Salaam urbane Gärten vor, die eine wichtige Einkommensquelle für die lokale Bevölkerung darstellen. Marginalisierte Bevölkerungsgruppen werden dabei mit einbezogen. Insgesamt wird hiermit die Ernährungssicherheit deutlich erhöht.

Urbaner Garten in Dar es Salaam, Tansania (Quelle: Titz & Chiotha 2019:15, 08.02.2020)
Urbaner Garten in Dar es Salaam, Tansania (Quelle: Titz & Chiotha 2019:15, 08.02.2020)

Diskussionspunkte

Laut der Weltbank sollen Entwicklungsländer knapp 4,5% ihres gesamten Bruttoinlandsproduktes (BIP) in GI investieren, damit sie ihre Ziele für eine nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals) erreichen können. Es wird sehr schwierig sein, diesen Ansatz der Weltbank umzusetzen. Städte müssen häufig zuerst in andere Infrastrukturen investieren, sodass für einen Ausbau von GI nur noch wenig finanzielle Mittel zur Verfügung stehen. Die Formulierung der Weltbank, Entwicklungsländer sollen 4,5% ihres BIP in GI investieren, kann man sehr kritisch bewerten. Man kann nämlich die Sustainable Development Goals nur im globalen Maßstab lösen. Darüber hinaus ist eine Förderung in GI nur in einem holistischen Ansatz erfolgsversprechend. Es wäre sinnvoll, wenn man die lokale Bevölkerung mit einbindet und ihnen Bildung bezüglich GI bereitstellt.

 

Der Report der Weltbank zu "Integrating Green and Gray" kann unter diesem Link (hier) heruntergeladen werden, zu dem es auch einen kurzen Artikel gibt (hier). Auch gibt es einen Podcast der Weltbank namens "Putting Nature to Work" zum gleichen Thema, der unter diesem Link (hier) abgerufen werden kann.

 

Das Konzept der GI lässt sich bis jetzt nur schwer in den afrikanischen Städten umsetzen, da viele Bewohner keinen Zugang zu eigenen Grünflächen besitzen. Urbane Gärten wie jene in Dar es Salaam befinden sich meistens auf öffentlichen Flächen. Die kommunale Regierung duldet die Nutzung bisher nur temporär, sodass die urbanen Gärten keine langfristige Perspektive für die lokale Bevölkerung darstellen. Die fehlenden Nutzungsrechte stellen somit eine große Barriere für die Umsetzung von GI-Projekten dar.

Darüber hinaus müssen Grünflächen wie urbane Gärten viel bewässert werden. Dies hat zur Folge, dass sich die Pflege von GI als teuer erweist.

 

Jakob Jander

 

 

Literatur:

Cilliers, E. J. (2019). Reflecting on green infrastructure and spatial planning in Africa: The complexities, perceptions, and way forward. Sustainability, 11(2), 455.

Di Ruocco, A. et. al. (2015). Urbanisation and Climate Change in Africa: Setting the Scene. In: Pauleit, S. Et. al. (Hrsg.): Urban Vulnerability and Climate Change in Africa. Cham (= 4): 1–37.